Zeitungsgeschichten 

 

 

Die Stadt Münster bremst und zaudert

EmoG wird nicht umgesetzt

Münster. Die globale Erwärmung bedroht das Leben auf der Erde. Deshalb soll der Ausstoß von Treibhausgasen eingedämmt werden. Um dazu einen Beitrag zu leisten, hat sich die Bundesrepublik Deutschland beim internationalen Klimagipfel Ende 2015 in Paris zu weitreichenden Maßnahmen verpflichtet. In den meisten Staaten verursacht der Verkehr mittlerweile mehr Klimaschäden und Luftverschmutzung als Industrie oder Gewerbe. Auch in Deutschland tragen Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor dazu bei. Eine Wende ist hier nur mit Elektrofahrzeugen zu schaffen.

Deshalb hat der Bundestag im vergangenen Jahr das Elektromobilitätsförderungsgesetz (EmoG) beschlossen. Durch das Gesetz soll die Nutzung elektrisch betriebener Fahrzeuge gefördert werden. Die für den Straßenverkehr zuständigen Kommunen haben seitdem die Möglichkeit, Sonderrechte für Elektrofahrzeuge einzuführen. Sie können zum Beispiel bestimmte Parkplätze für Elektroautos ausweisen und auf Parkgebühren für E-Fahrzeuge verzichten oder die Benutzung von Busspuren erlauben.

Woanders kostenlos parken

Nach über einem Jahr haben die meisten Städte und Gemeinden noch keinen Gebrauch von den Möglichkeiten des Elektromobilitätsgesetzes gemacht. Einige allerdings haben mit der Umsetzung begonnen. Zu ihnen gehören Groß- und Kleinstädte in ganz Deutschland. Von Böblingen bis Hamburg, von Jena bis Stuttgart finden Elektroautofahrer zumindest kostenlose Parkplätze. Im Münsterland sind Dülmen und dank der Elektro-Pioniere der Firma Rüschkamp vor allem Lüdinghausen von Anfang an mit dabei.

Einen Ruf zu verteidigen

Seitens der Stadt Münster sind bislang keine Aktivitäten in dieser Richtung bekannt. Dabei hat Münster einen Ruf als umweltfreundliche Kommune zu verteidigen. Die Stadtwerke bieten ihren Kunden an einigen Stellen kostenloses Stromtanken an. Auch RWE hat in Münster wie im ganzen Münsterland einige Ladestationen installiert. Mit dem Batterieforschungszentrum der Universität beherbergt die Stadt eines der weltweit führenden wissenschaftlichen Institute zur Entwicklung von Stromspeichern für Elektrofahrzeuge und regenerative Energien.

Fragen an die Verwaltung 

Auf der anderen Seite gibt es in Münster noch nicht eine Schnellladestation für Elektroautos. Das ist für eine Stadt dieser Größe ein trauriges Alleinstellungsmerkmal. Und von den immerhin rund zwei Dutzend öffentlichen Stromtankstellen sind viele in Parkhäusern untergebracht, was erhebliche Parkgebühren zur Folge hat. Deshalb legten wir der Stadt Münster vor einem halben Jahr und nun noch einmal folgende Fragen zum Elektromobilitätsgesetz vor:

  1.      Wie viele Elektrofahrzeuge sind derzeit im Münster zugelassen?
  2.  Was hat die Stadt bisher zur Umsetzung des EmoG unternommen?
  3.  Könnten Bus- und Taxispuren für Elektroautos geöffnet werden? 
  4.      Warum sind die Parkplätze an öffentlichen Stromtankstellen in Münster nicht (wie in anderen Städten) generell kostenlos?
  5.      Ist daran gedacht, im Stadtgebiet Gratis-Parkplätze für Elektroautos auszuweisen?
  6.   Wie können die Plätze an öffentlichen Stromtankstellen vor dem Zuparken durch andere Fahrzeuge geschützt werden? 
  7. In Münster gibt es nicht eine einzige öffentliche Schnellladestation für Elektroautos. Sind hier Initiativen geplant?

 

Siegrid Howest, Pressesprecherin der Stadt Münster hat darauf nach Rücksprache mit den Fachabteilungen Folgendes geantwortrt:

"Bundesweit Bedenken"

"Seit Ihrer letzten Anfrage vom 1. April 2016 hat sich die Beschlusslage der Stadt Münster nicht geändert. Die Arbeitsgruppe für Verkehrsfragen der Stadt Münster hat sich mit der Möglichkeit der Freigabe von Busspuren für Elektrofahrzeuge  befasst. Es gibt bundesweit große Bedenken der Verkehrsbetriebe und auch des Deutschen Städtetages, da die Gefahr besteht, dass auf Bussonderspuren der öffentliche Personennahverkehr durch E-Kfz behindert oder sogar blockiert würde. Zudem gibt es auf Bussonderspuren spezielle Signale, die nur geschultem Fahrpersonal des ÖPNV bekannt sind. Missverständnisse und Unfallrisiken wären bei einer Freigabe für E-Kfz nicht auszuschließen. Aktuell gibt es keine Privilegien für individuelle E-Fahrzeuge.

"Keine Sonderregelungen"

Mit einer  Förderung des ÖPNV (Stichwort: neuer Nahverkehrsplan, inklusive E-Busse) und des Radverkehrs (Stichwort: neuer Radverkehrsplan/Veloroute) hat die Stadt Münster ganz aktuell Akzente gesetzt, die dem Klimaschutz in besonderem Maße dienen.

Auch in Hinblick auf das Zuparken von Stromtankstellen gilt weiterin: Sonderregelungen für E-Kfz sind nicht erforderlich. Es gelten die allgemeinen Standards Verkehrsüberwachung. Das heißt es könnten Verwarnungen (Knöllchen) ausgestellt werden. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung kann es bei besonderen Behinderungen oder Gefährdungen auch zu Abschleppmaßnahmen kommen.

Aktuell gibt es in Münster 206 reine Elektrofahrzeuge und 411 Hybridfahrzeuge."

"Geringe Manövriermasse"

Auf die Nachfrage, ob sich die Stadt Münster denn eventuell der Initiative etlicher anderer deutscher Städte anschließen und zumindest kostenloses Parken für Elektroautos in der Stadt erlauben könnte, antwortete die Pressesprecherin: "Kostenloses Parken hat eindeutig einen finanziellen Aspekt. Mit Blick auf die Stadtkasse und den Haushalt setzt die Stadt Münster aktuell für ihre geringe Manövriermasse andere Prioritäten.“

Leerlauf und Blockade

Im Klartext bedeutet dies: Münster wird auch weiterhin nicht eine einzige Maßnahme aus dem
Katalog des Elektromobilitätsgesetzes umsetzen. Nicht einmal dem Minimum der E-Mobility-Städte, kostenlosen Parkplätzen für Elektroautos, will sich die Domstadt nähern. Dabei hat sich der Gesetzgeber dabei bestimmt etwas gedacht, um den Klimaschutz zu forcieren. In Münster aber laufen die Ideen ins Leere. Oder im Kfz-Jargon: Leerlauf und Bremsblockade.
 
 
 
 
 

Öffentliche Stromtankstelle der Stadtwerke in einem Parkhaus in Münster. Das wird wegen der hohen Parkgebühren schnell ein teurer Spaß.        Foto: Münch
 
 
 
Elektroauto-Vorreiter im Sinne der Bewahrung der Schöpfung: der stellvertretende Generalvikar des Bistums Münster, Dr. Jochen Reidegeld, mit seinem Opel Ampera vor dem Dom.                            Foto: Münch
 
 
 
Ladesäule auf dem Ludgeriplatz im Zentrum von Münster: Wenn hier kein Ladevorgang läuft, wird die Station im Internet als frei signalisiert. Leider ist sie des öfteren zugeparkt. Wer dann mit einem Elektroauto kommt und tanken will, schaut in die Röhre. Geholfen wird ihm in Münster nicht. Obwohl die beiden Stellplätze für Abgas-Autos verboten sind, lässt die Stadt sie nicht abschleppen.                           Foto: Münch
 
 
 
Diese öffentliche Ladestation am Hüfferstift in Münster liegt recht versteckt, ist schwer zu finden und auch schwer zugänglich.                                           Foto: Münch
 
 

Das wollen der Bundestag und die Bundesregierung: Sonderrechte für E-Autos

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Fahrerinnen und Fahrer von Elektroautos jetzt von Sonderprivilegien wie zum Beispiel reduzierten Parkgebühren profitieren. Das sieht das bereits am 12. Juni 2015 in Kraft getretene Elektromobilitätsgesetz vor. Mit neuen Anreizen will der Bund die Elektromobilität in Deutschland fördern.

Die Bundesregierung will mit dem Gesetz Elektrofahrzeuge  attraktiver machen. Bis dahin gab es im deutschen Recht noch keine Grundlagen dafür, elektrisch betriebenen Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr Sonderrechte einzuräumen. Das Elektromobilitätsgesetz - kurz EmoG - regelt nun, dass es möglich ist:

  • für Elektrofahrzeuge besondere Parkplätze an Ladestationen im öffentlichen Raum zu reservieren,
  • Parkgebühren für diese Fahrzeuge zu reduzieren oder zu erlassen und
  • Elektroautos von bestimmten Zufahrtsbeschränkungen auszunehmen, die zum Beispiel aus Gründen des Schutzes vor Lärm und Abgasen angeordnet werden. 

Außerdem legt das Gesetz fest, für welche Fahrzeuge und Antriebe diese Sonderregeln gelten. Die Anforderungen an elektrisch betriebene Fahrzeuge, wie reine Batterieelektrofahrzeuge, von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge, werden genau definiert. Das Gesetz ist am 12. Juni 2015 in Kraft getreten und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Weitere Informationen dazu beim Klick auf die Paragrafen 

§§§§§§§§§§§

 

 

 Die E-Mobility-Städte

Hier eine Liste der bisher registrierten E-Mobility-Städte, die als ersten Schritt zur Umsetzung des Elektromobilitätsgesetzes kostenloses Parken für Elektrofahrzeuge eingeführt haben: Stuttgart, Konstanz, Ludwigsburg, Waiblingen, Oberursel, Hamburg, Böblingen, Sindelfingen, Esslingen, Braunschweig, Friedrichshafen, Langenfeld (Rheinland), Harburg, Weiden in der, Oberpfalz, Herford, Nienburg (Weser), Lüdinghausen, Singen (Hohentwiel), Hildesheim, Jena, Dülmen, Gladbeck, Schwäbisch Gmünd, Celle, Ebersberg, Dinslaken, Hameln, Weimar, Landsberg am Lech, Penzberg, Baden-Baden, Schweinfurt, Weimar, Kiel. Ständig schließen sich mehr Kommunen an.

Zum Beispiel Dülmen kommt, wer hier klickt

Eine Version dieses Artikels auch im Elektromobilitäts-Blog der Firma Rüschkamp

 

Zurück auf Start

Und nichts Sensationelleres gibt es in der Welt als die Zeit, in der man lebt!