Zeitungsgeschichten 

 

 

1000 Mark pro Leichenfoto

Mein erstes längeres Praktikum bei einer Tageszeitung absolvierte ich im Jahr 1982 in der Lokalredaktion der WAZ in Wanne-Eickel. Die Arbeit fand ich von Anfang spannend und interessant. Nur einmal passierte etwas Schreckliches.

Auf der Autobahn in der Nähe gab es einen sehr schweren Verkehrsunfall mit fünf Toten. Der Fotograf der WAZ fuhr dort hin und wurde vor Ort von Polizisten angesprochen, die ihn kannten. Sie baten ihn, zu Beweiszwecken Fotos von der Unfallstelle zu machen. Die Polizisten selbst hatten keine Kamera dabei. Fotos für die amtliche Beweisausnahme sind natürlich andere als Bilder für eine Presseveröffentlichung. Für die Polizei machte der Fotograf auch Detailaufnahmen, auch Bilder von den Opfern.

Bilder nicht verkauft

Dann fuhr er zurück in die Redaktion. Dort klingelte nach etwa zwei Stunden das Telefon: Kollegen der Bildzeitung hatten von der Polizei erfahren, dass der WAZ-Fotograf Bilder an der Unfallstelle gemacht hatte. Sie wollten alle kaufen und boten ihm „1000 DM pro Leiche“ und noch einmal 1000 DM für eine Totale von dem Unfall. Der Fotograf und die Redakteure der Lokalredaktion mussten nicht lange überlegen und waren sich vollkommen einig. Die Bildzeitung bekam die Fotos nicht.  Denn das Boulevardblatt hätte die Bilder der Toten tatsächlich veröffentlicht. In der WAZ wurde zu dem Bericht über das furchtbare Ereignis nur eine Großaufnahme von der Unfallstelle gedruckt. Ohne tote und verletzte Menschen.

Journalistischer Anstand

Genau so haben wir es auch später immer in meinen Redaktionen bei der Münsterschen Zeitung und bei den Ruhr Nachrichten gemacht. Das gebietet der journalistische Anstand.

Foto: flickr / Alle Rechte vorbehalten von: blende6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Und nichts Sensationelleres gibt es in der Welt als die Zeit, in der man lebt!