Immer wieder Gewaltausbrüche

§ Prozess vor dem Landgericht Münster am 11. August 2014 §

 

Drensteinfurt. Mit einem dunkelblauen Auge ist ein 20-jähriger Drensteinfurter am Landgericht Münster davongekommen. Zumindest vorerst. Nur wenn er sich  künftig nichts mehr zu schulden kommen lässt, bleibt er auf freiem Fuß. Zunächst wurde seine zweijährige Jugendhaftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. So die Entscheidung der dritten Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Maria Böhner.

 

Auffällig geworden war der Angeklagte zum ersten Mal offenbar vor genau vier Jahren beim Junggesellen-Schützenfest im Drensteinfurter Schlosspark. Damals schon ging es um Körperverletzung. Um Faustschläge und Tritte gegen ein am Boden liegendes Opfer. Danach folgte ein Dutzend Verurteilungen wegen mehrfachen Diebstahls, Beleidigung, Sachbeschädigung, zumeist aber einfache oder sogar gefährliche Körperverletzung. Die Taten hatte der Jugendliche fast immer unter erheblichem Alkoholeinfluss begangen. Das Strafmaß steigert sich von Mal zu Mal: Sozialstunden, Arrest, schließlich eine Bewährungsstrafe von 16 Monaten im Jahr 2012. Gegen seine Bewährungsauflagen verstieß der Drensteinfurter mehrfach, ein vom Gericht verhängtes Alkoholverbot ignorierte er.

Am Rosenmontag rastete er vollkommen aus

Dann kam der 11. Februar 2012: Rosenmontag. Mit Freunden wollte der Angeklagte in Münster Karneval feiern. Vor dem Eingang von Karstadt lernten sie zwei Mädchen kennen, unterhielten sich mit ihnen. Wegen dieser Mädchen kam es zum Streit mit deren Clique. Die Auseinandersetzung konzentrierte sich schließlich auf den Drensteinfurter und einen anderen jungen Mann. Die Fäuste  flogen. Einer oder beide fielen hin. Schließlich soll der Angeklagte auf sein mittlerweile wehrlos am Boden liegendes Opfer weiter eingetreten haben. Ob noch andere an dem Gewaltausbruch  beteiligt waren, konnte nicht hinlänglich geklärt werden. Mehrere Zeugen konnten sich nicht mehr genau erinnern. Das Opfer erschien – obwohl ebenfalls als Zeuge geladen - gar nicht zur Verhandlung. Jedenfalls wurde ein mitangeklagter Freund des Drensteinfurters am 6. Januar 2014 in erster Instanz am Amtgericht Ahlen vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Der Drensteinfurter aber bekam zwei Jahre Jugendstrafe, diesmal ohne Bewährung.

Letzte Chance vor dem Weg ins Gefängnis

Dagegen legte er Berufung ein, die gestern vor dem Landgericht verhandelt wurde. Und hier nutzte der mittlerweile volljährige junge Mann seine letzte Chance auf Freiheit. Offenbar hatte ihm die drohende Haftstrafe vom Januar den entscheidenden Impuls zur Besinnung gegeben, wie seine Bewährungshelferin feststellte. Er suchte sich eine Lehrstelle bei einer Drensteinfurter Firma, reduzierte seinen Alkoholkonsum erheblich und hielt nun alle Auflagen ein. Deshalb stellte die Bewährungshelferin ihm erstmals eine positive Sozialprognose. Sein Anwalt griff dies auf und bat um eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung. Auf Anregung der Richterin schränkte die Verteidigung ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil auf das Strafmaß ein. Inhaltlich wurde das Urteil akzeptiert, was einem Geständnis der Körperverletzung gleichkam.

"Finger weg vom Alkohol!"

Trotz der Einsicht und des neuen besseren Lebenswandels wollten weder die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer noch das Gericht in seiner Urteilsbegründung schon jetzt von einer positiven Sozialprognose des Angeklagten reden. Die müsse er in den nächsten sechs Monaten beweisen. Erst dann könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Eines gab Richterin Böhner dem Drensteinfurter mit auf den Weg: „Lassen Sie die Finger weg vom Alkohol. Denn immer wenn Sie zu viel trinken, rastet bei Ihnen etwas aus.“

P.S: Bis heute musste der Angeklagte nicht wieder vor Gericht erscheinen.

 

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